Mennonitisch-täuferische Kernüberzeugungen
Ein Beitrag zum Diskussionsprozeß in der mennonitischen Weltkonferenz, der Glaubensaussagen und aktuelle Entwicklungen widerspiegelt.
Wir bekennen uns zu dem dreieinigen Gott, der alles geschaffen hat und Quelle alles Lebendigen ist. Von Gott, durch Gott und zu Gott hin leben und glauben wir.
Gott wendet sich in Liebe allen Menschen heilbringend zu. Gott hat sich in Jesus Christus in einzigartiger Weise offenbart. In Christus erfahren wir Befreiung von Sünde und Schuld. Er lädt Menschen ein, ihm zu vertrauen und ruft sie in seine Nachfolge. Gott ist durch die Kraft seines heiligen Geistes in der Welt wirksam und gegenwärtig und rüstet Menschen mit unterschiedlichen Gaben aus, die sie zum Aufbau der Gemeinde Jesu Christi und zum Wohl der ganzen Welt einsetzen.
Die Bibel, die wir im Vertrauen auf die Leitung des Heiligen Geistes im Gespräch miteinander auslegen, ist die entscheidende Orientierung für unser Leben und unsere Lehre. In ihr erkennen wir Gottes Wort und Willen.
Durch Verkündigung, Lehre, Gebet, Gemeinschaft und Gespräch wirkt Gottes Wort in unser Leben hinein. Daraus erwachsen unsere Schritte in Evangelisation, Gemeindebau, Diakonie und Friedenszeugnis.
Das Evangelium ist eine Botschaft des Friedens. Gott hat in Jesus Christus Frieden geschaffen und ruft uns in eine versöhnte Beziehung mit sich selbst und untereinander. Diesen Frieden wollen wir leben in unseren Gemeinden, in unseren Beziehungen, in unseren Konflikten, in unserem politischen Umfeld, in unserem Umgang mit der Natur. Es ist Auftrag der Gemeinde, dieser Botschaft der Versöhnung eine sichtbare Gestalt zu geben. In der Gemeinde sind Menschen, die auf den Ruf Jesu in seine Nachfolge mit ihrem Leben antworten und als Christinnen und Christen leben wollen.
Mittelpunkt des Gemeindelebens ist der Gottesdienst, in dem wir uns Gott in Lied und Gebet zuwenden, sein Wort hören, Gemeinschaft pflegen und miteinander das Abendmahl feiern. Wir erinnern uns an Leben und Kreuzestod Jesu, wir feiern die Auferstehung, wir lassen uns stärken in der Hoffnung auf das Reich Gottes.
Die Taufe verstehen wir als Gottes Ja zu uns und zugleich als Antwort des Menschen auf Gottes Ruf. Wir praktizieren die Taufe von mündigen Menschen nach Bekenntnis des Glaubens. Wenn eine Person in die Gemeinde eintritt, die als Kind getauft wurde, machen wir die Bekenntnistaufe nicht zur Bedingung. Wichtig ist uns vor allem das heutige Bekenntnis des Glaubens.
Gemeinden sind Orte des Einübens von Nachfolge. Dazu gehören gegenseitige Ermutigung und kritische Infragestellung. In unserem Umfeld und bei uns selbst erleben wir wachsende Vereinzelung. Die Gabe und der Auftrag der Gemeinde als verbindliche Gemeinschaft ist uns von daher besonders wertvoll.
Die Beteiligung der Gemeindeglieder an Entscheidungen und Aufgaben in der Gestaltung des Gemeindelebens entspricht unserem Verständnis vom biblischen Bild der Gemeinde als einem Leib mit vielen Gliedern. Frauen und Männer können entsprechend ihrer Begabung zu allen Aufgaben der Mitarbeit und Leitung in der Gemeinde berufen bzw. gewählt werden.
Wir bejahen die Offenheit der Gemeinde für Suchende und Gäste und erleben derzeit ein Ende der traditionellen Familienkirche. Gleichzeitig erkennen wir den Reichtum persönlicher Beziehungen in unseren Gemeinden. Wir suchen verstärkt nach Wegen der Gemeindeentwicklung, die uns entsprechen. Wir tun dies im Vertrauen auf Christus, durch den Gemeinde lebt und begründet ist.
Die Form von Kirche, die unserem Verständnis der biblischen Lehre entspricht, ist die der Freikirche. Sie beinhaltet die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft und den Respekt vor der Mündigkeit jedes Einzelnen. Die Trennung von Kirche und Staat ist Ausdruck des jeweils verschiedenen Auftrags und Voraussetzung für die Freiheit der Gemeinde, sich kritisch zum Staat und seinem Handeln sowie zu gesellschaftlichen Fragen zu äußern.
Die einzelnen Gemeinden tragen sich durch freiwillige Gemeindebeiträge und gestalten ihr Gemeindeleben selbstständig. Um ihren Auftrag gemeinsam besser erfüllen zu können, schließen sie sich zu Verbänden zusammen.
Unsere Gemeinden verstehen sich als Teil der weltweiten Gemeinde Jesu Christi durch die Zeiten. Daher ist uns ökumenische Zusammenarbeit vor Ort und weltweit wichtig.
Wir nehmen als mennonitische Gemeinden am Leben unserer Gesellschaft teil. Wir bejahen gemeinsam mit anderen Kirchen unsere Verantwortung für die Welt in der wir leben. Wir wollen in ökumenischer Gemeinschaft die Einheit der Kirche Jesu Christi sichtbar werden lassen und mit Menschen anderer Religion und Überzeugung in guter Nachbarschaft zusammenleben.
Die Friedensarbeit ist Konsequenz des Evangeliums. Wir empfehlen unseren Gemeindegliedern die Kriegsdienstverweigerung und einen aktiven Friedensdienst. Wir suchen Wege zur Überwindung von Gewalt und üben Modelle ein, wie Konflikte gelöst werden können.
So wie Jesus sich besonders den Schwachen und Notleidenden zugewandt hat, so unterstützen wir Menschen in Not durch Hilfswerksarbeit und Diakonie. Dies bedeutet Anleitung zur Selbsthilfe, sowie Beistand und Pflege hilfsbedürftiger Menschen.
Mission ist Teilnahme an der Sendung Gottes, an Gottes Bewegung zu den Menschen. In Jesus Christus hat Gott den Weg zu Heil und Leben gezeigt. Wir sagen anderen Menschen weiter was uns erfüllt und laden sie ein, sich auf Gott einzulassen und mit Gott das Leben zu gestalten. Mit unserem Glauben und unserem Leben teilen wir die uns geschenkten Erfahrungen des Heilwerdens.
Verabschiedet in der Mitgliederversammlung der „Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R.“ (AMG) in Weierhof bei Kirchheimbolanden/Pfalz am 25. Mai 2002